JazzatelierUlrichsberg

Ulrichsberger Kaleidophon 2022

bis im Jazzatelier Ulrichsberg

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Kaleidophonplakat 2022
Fr 29. April ab 19.00 Uhr:
Emißatett
Jump off this Bridge
Craig Taborn: Shadow Plays
Sa 30. April ab 19.00 Uhr:
Duo Baars Buis
Soizic Lebrat Solo Suite
Ensemble Nist-Nah
So 1. Mai ab 17.00 Uhr:
Michael Formanek: Imperfect Measures
Georg Graewe Inawhirl
Ohlmeier / Khroustaliov / Fischerlehner
Gabriele Berger, Ausstellung
Pressespiegel
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ProgHeft
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Neun Konzerte mit aktueller Musik stehen auf dem Programm der 36. Ausgabe des Kaleidophons. 31 Musiker und Musikerinnen aus verschiedensten Teilen der Welt werden die Jazz­atelier­bühne bespielen. Ensembles mit lang­jähriger Geschichte wechseln sich ab mit neuen Projekten. Akustisches steht neben Elektronik, Geschriebenes neben Improvisiertem. Die bunte Mischung kreativer Ansätze ist es einmal mehr, die das Kaleidophon prägen. Neben dem Konzertprogramm gibt es in den Jazzatelier-Galerieräumen eine Ausstellung mit Arbeiten der Bildhauerin Gabriele Berger.

Eintrittspreise (Euro):
Nichtmitglieder Mitglieder
Normal Erm. Normal Erm.
Pass 75 68 68 60
Tagesk. 30 27 27 23

Ermäßigt: Menschen unter 25, Studierende, Arbeitssuchende, Behinderte u. Begleitung sowie Raiffeisen-, 4You-Card- und Ö1-Club­mitglieder. Ö1-Intro: Pass: € 52 / Tagesk.: € 21. Eintritt frei für Kultur­pass­inhaber u. Flüchtlinge.


Konzertprogramm am

Emiszatett
Fr 29.4., 19.00 Uhr:
 
EMIßATETT
Elisabeth Coudoux, Cello/Komp.
Pegelia Gold, Stimme
Matthias Muche, Posaune
David Helm, Kontrabass
Philip Zoubek, Klavier/Synth.
Etienne Nillesen, Snare-Drum
Ein Projekt zwischen Jazz und Komposition, geleitet von der Kölner Cellistin und Komponistin Elisabeth Coudoux. Die Ausdruckspalette des Ensembles reicht von dichten Improvisationen bis zur Umsetzung penibel gesetzter, komplexer Strukturen.

Das Emißatett besteht seit 2013. Im Namen der Band klingen das „Quintett“ sowie der Vorname seiner Gründerin, der Cellistin Elisabeth Coudoux, aus einiger Ferne an. Auch das lateinische Wort „Emissarius“, „Späher“, ist darin verborgen; Späher beherrschen die Kunst, sich zu verbergen, und sie vertrauen einander auf ihren Wegen.

Das Emißatett findet und erforscht überlieferte und neue Arten, Musik zu spielen. Jede/r trägt die gleiche Verantwortung für das Ganze, das ständig Farbe, Dichte und Richtung ändern kann. Mit großer Tiefenschärfe und Transparenz, mit Konzentration auf den Klang, seine Bestandteile und Nuancen, entsteht genügend Energie und Zeit für einen mehrdimensionalen Spiel-Raum.

„Das Cello, sonst eher bekannt als leicht melancholische Romantikerin, kreischt, bebt und springt in die Zeit. Zusammen mit dem Klavier als Raumschiff, dem Bass als Satellit, der Posaune als Nährstoff und der Snare Drum als Transducer sprengen sie das Nichts Tun. Klänge rauschen vorbei, die dich dein Inneres in Ruhe begehen lassen, um dich mit gedehnter Wahrnehmung wieder abzusetzen. Destination Multiversum.“

Das Ensemble, besetzt mit erfahrenen und etablierten MusikerInnen vorwiegend aus dem Raum Köln, hat bisher drei CDs veröffentlicht. Zuletzt - um Sängerin Pegelia Gold vom Quintett zum Sextett erweitert - die CD „Earis“, erschienen 2021 auf Impakt Records.

Jump off this Bridge
Fr 29.4., 21.00 Uhr:
 
JUMP OFF THIS BRIDGE
 
Judith Insell, Viola
Eli Asher, Trompete
Virg Dzurinko, Klavier
Leonid Galaganov, Schlagzeug
Judith Insell mit einer neuen Band aus Harlem: ein Quartett, das sich bedächtig, aber entschlossen auf die Möglichkeiten der Kollektivimprovisation konzentriert.

Judith Insell kann auf eine vielfältige Karriere in Bereichen wie Klassik, Jazz und Pop verweisen. Sie hat u. a. mit Beyoncé, John Cale, Lee Konitz und Greg Osby zusammengearbeitet und ist nach wie vor Mitglied in Orchestern wie Brooklyn Philharmonic. Im Bereich Jazz/Improvisierte Musik arbeitete sie vor allem als Bratschistin des Soldier String Quartettes sowie im Duo mit dem Bassisten Joe Fonda.

Virg Dzurinko ist eine New Yorker Pianistin, die sowohl mit traditionellem Jazz als auch mit freier Improvisation vertraut ist. Nach ihrem Studium bei Connie Crothers ist sie u.a. mit Musikern wie Daniel Carter, Andrew Drury, Ken Filiano und Michael Wimberly aufgetreten.

Trompeter Eli Asher ist seit 15 Jahren Mitglied im New Yorker „Respect Sextett“, ein Ensemble, das sich durch die Vermischung unterschiedlichster Idiome und konzeptueller Ansätze einen Namen gemacht hat. Er spielte im „Bang on a Can‘s Asphalt Orchestra“ und ist derzeit Mitglied in „Joe Abba‘s Funk Unit“.

Leonid Galaganov studierte in seinem Herkunftsland Estland Orchesterdirigieren, später in den USA weitere Studien in Komposition und Jazz. Arbeitet dzt. in New York vor allem in interdisziplinären Bereichen mit Tanz, Poesie und Theater. Neben dem klassischen Drumset verwendet Leonid gerne auch die Shakuhachi oder Eigenkreationen wie das „Waterphone“ und andere spezielle Handtrommeln.

Craig Taborn
Fr 29.4., 23.00 Uhr:
 
CRAIG TABORN: SHADOW PLAYS
 
Craig Taborn, Klavier
Der aus Detroit stammende Craig Taborn ist neben seiner Rolle in Gruppen von Roscoe Mitchell, Tim Berne oder James Carter vor allem als Solist zu Weltruhm gelangt. Taborns Solokonzerte zeichnen sich durch ein hohes Maß an Formbewusstsein aus, sind aber zugleich immer auch Meisterwerke der Spontanität.

Craig Taborn, geb. 1970 in Detroit, lebt dzt. in Brooklyn, ist als Pianist und Keyboarder seit Jahrzehnten in der internationalen Jazz- und Improv-Szene aktiv. Neben dem Jazz sind ihm aber auch musikalische Territorien, in denen es um Neue Musik, Rock/Noise und in letzter Zeit immer häufiger auch Elektronik geht, keineswegs fremd. Wichtige Stationen seiner bisherigen Karriere umfassen gemeinsame Projekte mit Musikern wie James Carter, Roscoe Mitchell und Tim Berne. Langjährige Kooperationspartner in verschiedenen Projekten sind der Schlagzeuger Gerald Cleaver und Bassist Michael Formanek.

Neben seinem aktuellen Trio mit Tomeka Reid und Ches Smith und einem Tasten-Duo gemeinsam mit seinem Pianisten-Kollegen Vijay Iyer ist es in den letzten Jahren vor allem die Klavier-Solo-Tätigkeit, die immer breiteren Raum in seiner Arbeit einnimmt. Beginnend mit „Avenging Angel“, seiner ersten Solo-CD aus dem Jahr 2011 bis herauf zur neuesten Solo-Produktion „Shadow Plays“, aufgenommen 2020 im Wiener Konzerthaus, die er im Herbst 2021 beim prestigeträchtigen ECM-Label herausbrachte.

Über seine Herangehensweise erzählte er unlängst Adam Shatz von der New York Times: „When you improvise, you’re observing and creating at the same time. To make the next move, you have to get really close to what’s going on. Free improvisation can mean many things. A lot of my interests revolve around trying to extend the boundaries you can create in. Rather than simply free-flowing as I travel from Point A to Point B, I am really trying to construct and to organize the material as it emerges, in real time. And what is created in this way feels different to music using pre-composed elements.”

CD: "Shadow Plays", ECM 2021


Konzertprogramm am

Duo Baars Buis
Sa 30.4., 19.00 Uhr:
 
DUO BAARS BUIS
 
Ab Baars, Tenorsaxophon, Klarinette und Shakuhachi
Joost Buis, Posaune
Ab Baars und Joost Buis sind etablierte Namen in der Amsterdamer Jazz- und Improvszene. In ihrem Duo beschäftigen sie sich mit der zeitgemäßen Interpretation klassischer Jazzliteratur von Komponisten wie Duke Ellington und Herbie Nichols.

Die beiden Holländer Ab Baars und Joost Buis sind zwar grundsätzlich der Moderne bzw. eigentlich der Avantgarde verpflichtet. Zugleich aber verbindet sie die gemeinsame Bewunderung alter Jazzmeister wie Duke Ellington oder Herbie Nichols. Die scheinbare Einfachheit und vor allem die Klarheit dieser Kompositionen hatten und haben großen Einfluss auf die beiden Spieler und waren prägend für ihre musikalischen Welten.

Nach „Tonk“, einem Projekt, das ausschließlich von Ellington-Stücken geprägt war, arbeiten sie nun an einer neuen CD, in der es vorwiegend um Kompositionen von Herbie Nichols gehen wird. Im Konzert werden sie Musik aus beiden Projekten präsentieren: Bekannte und weniger bekannte Werke, berühmte Soli und eingängige Riffs von Ellington und Nichols dienen als Ausgangspunkte, die in ihrer Neuzusammensetzung und Überarbeitung ein Programm ergeben, das gänzlich dem Spirit der alten Meister gewidmet ist.

Ab Baars und Joost Buis sind klingende Namen in der holländischen Jazzszene: Baars als herausragender Instrumentalist und Komponist, geprägt und beeinflusst von Musikern wie Roscoe Mitchell und John Carter, Leiter eigener Ensembles und Mitglied im ICP-Orchestra, Buis als Posaunist und Gründer der Großformation „Astronnotes“. Auch in früheren Begegnungen haben sich Baars und Buis bereits an Ellington abgearbeitet - z.B. im Programm „Kinda Dukish“, welches beim Kaleidophon 2004 zu hören war.

CD: "Moods for Roswell", WIG 2020

Soizic Lebrat
Sa 30.4., 21.00 Uhr:
 
SOIZIC LEBRAT SOLO SUITE
 
Soizic Lebrat, Violoncello
Soizic Lebrat aus Nantes im Westen Frankreichs wandte sich nach klassischer Ausbildung der Improvisation zu. In ihrer "Solo Suite" vereint sie diese beiden Herkunftsstränge in Form einer spontan improvisierten Neuinterpretation der ersten Suite in G-Dur für Violoncello Solo von Johann Sebastian Bach.

Soizic Lebrat, geboren 1976, lebt in Nantes/Frankreich. Nach Studium der Musikgeschichte und klassischer Ausbildung am Instrument wendet sich Lebrat - inspiriert u.a. von Joelle Leandre - der experimentelleren Seite des Musizierens und der Improvisation zu. Nach Auftritten und gemeinsamen Projekten mit u.a. Heddy Boubaker und Michaël Nick arbeitet sie aktuell in einem Trio mit Isabell Duthoit und Yuko Oshima sowie im „Quatuor-Brac“ mit Tiziana Bertoncini, Benoit Cancoin und Vincent Royer - einem Streichquartett, mit dem sie beim Kaleidophon 2019 gastierte. Darüberhinaus ist sie im klassischen Kontext in diversen französischen Ensembles und Orchestern tätig.

Über ihr Programm „Solo-Suite“ schreibt sie: „Solo Suite ist eine freie, im Moment improvisierte Neuinterpretation der ersten Suite für Violoncello solo von Johann Sebastian Bach. Dieses Werk hat bei mir einen großen Eindruck hinterlassen, der aus aufeinanderfolgenden Zeitschichten und zahlreichen sedimentierten Erfahrungsmomenten besteht und mir ein Labyrinth von Musikwegen bietet, die ich gerne wiederentdecke und im Augenblick des Konzerts mit anderen teile. Die erste Suite in G-Dur für Violoncello solo von Johann Sebastian Bach war mir in den letzten Jahren ein dichtes Forschungsmaterial, aus dem Kreationen in verschiedenen Formen entstanden sind: Bleu solo, Triplicata, Bach To 3D und Solo Suite.“

Ensemble Nist-Nah
Sa 30.4., 23.00 Uhr:
 
ENSEMBLE NIST-NAH
 
Prune Becheau, Charles Dubois, Thibault Florent, Colline Grosjean, Will Guthrie, Amelie Grould, Mark Lockett, Sven Michel, Lucas Pizzini, Arno Tukiman: Gamelan, Perkussion und Schlagzeug
Will Guthrie vereint in Nist-Nah die klassischen Werkzeuge indonesischer Gamelan-Musik wie Metallophone, Handtrommeln und Gongs mit konventionellem Drumset, Fundstücken und Schrott - dem Perkussions­werkzeug der improvisierten Musik. Keine Übung in Exotik, aber dennoch eine Verneigung vor den Raffinessen indonesischer Gamelanmusik.

Nist-Nah ist ein zeitgenössisches Gamelan/Perkussions-Ensemble unter der Leitung des in Frankreich lebenden australischen Schlagzeugers Will Guthrie. Das Ensemble erforscht die Gamelaninstrumentierung und verwendet Metallaphone, Handtrommeln und Gongs aus Indonesien neben Schlagzeug, anderen Perkussionsinstrumenten und Objekten, Fundstücken und Schrott. In Nist-Nah versammeln sich zehn erfahrene Spezialisten aus Frankreich, England und Australien mit einem vielseitig gemischten Hintergrund, von traditionellen Musikern über zeitgenössische Perkussionisten bis hin zu Musikern mit einer Leidenschaft für Noise- und Free-Jazz.

Nachdem Guthrie mehr als zwei Jahrzehnte lang die Extreme des experimentellen Schlagzeugs erforscht hat (mit Oren Ambarchi, Roscoe Mitchell, Mark Fell), zielt die Musik des Ensemble Nist-Nah darauf ab, die reichen, hellen und üppigen Klänge des traditionellen Gamelan mit seinem Interessen an Free Jazz, elektroakustischer Musik und verschiedenen experimentellen Musikpraktiken zu verbinden.

Die Musik basiert auf Guthries Reisen in Indonesien und seiner Wertschätzung verschiedener Formen von Gamelan-Musik, vom majestätisch in Schwebe gehaltenen höfischen javanischen Gamelan über die delirierenden, stampfenden Wiederholungen, die das javanische Trance-Ritual Jathilan begleiten, bis hin zum flirrenden akustischen Glitch des zeitgenössischen balinesischen Komponisten Dewa Alit.

Nist-Nah ist keine Übung in Exotik, besteht es doch teils aus Mitgliedern, die sich intensiv mit indonesischer Musik auseinandergesetzt haben, wie etwa Mark Lockett, der bei Sri Hastanto studierte oder Arno Tuikman, der bei einem Dhalang aus Wonogiri studierte.

CD: "Elders", Black Truffle, 2022


Konzertprogramm am

Michael Formanek
So 1.5., 17.00 Uhr:
 
MICHAEL FORMANEK: IMPERFECT MEASURES
 
Michael Formanek, Kontrabass
Michael Formanek ist vor allem als kreativer Mitstreiter in Bands des zeitgenössischen Jazz von Tim Berne bis Mary Halvorson bekannt. 2021 hat er seine zweite Solo-CD veröffentlicht - die wir nun zum Anlass nehmen, ihn erstmals solistisch zu präsentieren: Kräftige Improvisationen mit schönem, vollem und hölzernem Ton!

Der 1958 in San Francisco geborene Michael Formanek hat sich weltweit einen Namen als erstklassiger Bassist gemacht. Im Lauf seiner bemerkenswerten Karriere hat er mit mehreren Generationen von Musikern zusammengearbeitet: In den 1970er Jahren, als Teenager, tourte er mit Tony Williams und Joe Henderson. In den 80er Jahren spielte er mit Stan Getz, Gerry Mulligan und Freddie Hubbard. In den 90er Jahren spielte er eine Schlüsselrolle in der lebhaften New Yorker Downtown-Szene und leitete seine eigenen Ensembles. Seine wichtigste eigene Band ist das Quartett mit Tim Berne, Craig Taborn und Gerald Cleaver, obwohl er daneben immer auch eine Vielzahl anderer Projekte angeführt hat, vom 18-köpfigen All-Star-Ensemble Kolossus bis hin zu Solo-Bass-Exkursionen, die erstmals auf „Am I Bothering You?“ (Screwgun, 1998) dokumentiert sind.

Formanek war 17 Jahre lang Dozent für Jazzbass am Peabody Conservatory of Music in Baltimore, Maryland. 2017 gab er seine Lehrtätigkeit auf, um sich - zurück in New York - auf seine Solokarriere zu konzentrieren. Ein erstes Ergebnis dieser Bemühungen ist das 2021 erschienene Solo-Album „Imperfect Measures“. Über das Solospielen schreibt Formanek: „Mir wurde klar, dass das Solobassspiel für mich viel mit Komposition zu tun hat: Jede Struktur, die einem Stück innewohnt, entwickelt sich im Moment, als Produkt der Improvisation selbst – so als würde man gleichzeitig eine Straße bauen und entlangfahren. Die Straße reicht nur so weit, wie wir in dem Moment sind, also muss man sich voll und ganz auf das einlassen, was in Echtzeit erschaffen und konstruiert wird.“

CD: "Imperfect Measures", Intakt 2021

Inawhirl
So 1.5., 19.00 Uhr:
 
GEORG GRAEWE INAWHIRL
 
Georg Graewe, Klavier
Sara Kowal, Harfe
dieb13, Turntables
Gräwes Trio spielt Improvisationen zwischen Free-Anklängen und zeitgenössischer Kammermusik. Die tatsächlich ungewöhnliche Instrumentierung erzeugt dabei einen spannenden Ort für klanglich vielfältige Begegnungen.

Georg Gräwe schreibt zur Entstehungsgeschichte dieses Trios: „Nach Auftritten des Sonic Fiction Orchestras im Wiener Porgy&Bess in der Saison 2018/19 begann ich, über eine Zusammenarbeit mit der Harfenistin Sara Kowal in einer kleinen Gruppe nachzudenken. Als dieb13 mit dem SFO bei einer unserer Shows gastierte, wusste ich, dass es ein Trio werden würde.“ Im Oktober 2020 spielte das Trio Inawhirl schließlich sein Debütkonzert. Kurz darauf folgten Studiosessions, woraus dann die CD „Streugebilde“ entstand, die 2021 auf Georg Gräwes eigenem Label Random Acoustics erschienen ist.

Udo Andris schreibt im Jazzpodium über die CD: „Das Trio überzeugt auf seinem Debütalbum mit flirrenden, feingesponnenen Kollektivimprovisationen. Ein bewundernswert sensibles und engvernetztes Ensemblespiel, das auch durch die unorthodoxe Wahl der Instrumente klangästhetisch viel zu bieten hat. Graewe imponiert am Flügel mit leuchtenden Notenketten, hin und her schwirrenden Tongirlanden, während Sara Kowal an der Harfe sich oft für einen lakonischen, auch perkussiven Gestus entscheidet, aber auch mit farblich subtilen Akkorden gefällt. Beeindruckend auch, wie „hautnah“ die beiden Saiteninstrumente dialogisieren, die Notenlinien des Klaviers und der Harfe zu einem gemeinsamen, elastischen Dahinschlendern finden. Und dann noch dieb13, ein gefragter Turntable-Improvisator, der mit seinen mal flächig-grundierenden, dann wieder dezent noisigen Beiträgen diesem Trio zusätzliches Kolorit gibt.“

"Streugebilde", Ramdom Acoustics 2021

Ohlmeier, Khroustaliov, Fischerlehner
So 1.5., 21.00 Uhr:
 
OHLMEIER / KHROUSTALIOV / FISCHERLEHNER
 
Lothar Ohlmeier, Bassklarinette
Isambard Khroustaliov, Modular-Synthesizer, Computer
Rudi Fischerlehner, Schlagzeug
Ohlmeier und Fischerlehner im Verbund mit dem englischen Klangbastler Sam Britton aka Isambard Khroustaliov: Freie Improvisation vermischt mit treibenden Rhythmen vermischt mit einem dichten Elektro-Dschungel.

“Die Hypertide ist real, ebenso wie Kiribati. In unserem kollektiven Somnambulismus haben wir eine Situation geschaffen, in der ein tief liegendes Atoll im Pazifik bald von Polareis überflutet wird, das wir zum Teil abschmelzen, indem wir Fotos auf Instagram hochladen. Ein reales Inselparadies, das von einer virtuellen Flut von Urlaubs-Selfies überschwemmt wird.

Die Auswirkungen der Hypertide sind weder in ihrer Dimensionalität begrenzt, noch werden sie durch das bevorstehende Verschwinden Kiribatis gemildert. Die Hypertide wird weiter wüten und sowohl das Reale als auch das Virtuelle in dem ertränken, was der Philosoph und Informatiker Jaron Lanier als „eine riesige pointillistische Spucke“ von plattformsterilisierten Medien beschrieben hat, die jeglicher Geschichte oder Kultur beraubt wurde, durch die sie einst Bedeutung gehabt haben könnte.

Diese Flut der Bedeutungslosigkeit, die sich in den Statistiken über Likes, Shares und Playcounts in sozialen Medien abbildet, wird mitunter am stärksten von der Musikwelt gefördert. Nach der Weisheit der „Schwarmintelligenz“ und ihrem „im Internet ist jede Musik gratis“-Versprechen, wird die Vielfalt der Musikkultur nun durch die Interessen des Risikokapitals erdrosselt, sodass viele ihrer eigenwilligsten Vertreter nicht mehr von ihrer Arbeit leben können.

Dabei hatte die Beziehung zwischen Musik und Technik einst vielversprechend begonnen: Im Sog der Experimente und Visionen des 20. Jahrhunderts gab es einst einen wilden Optimismus in Bezug auf den Einsatz neuer Technologien in der Musik, sei es in der Verwendung neuer elektronischer Instrumente im Jazz, in der Produktion von Pop und Dance-Musik, oder in der Anwendung von frühen Computern zum Herstellen synthetischer Klänge in der Neuen Musik.

„Hypertide over Kiribati“ ist unsere persönliche Suche nach einer Version dieses Optimismus angesichts der anonymisierenden Kraft des Plattformkapitalismus in der Musik. Unsere Musik will ein Affront sein gegen eine Bedeutungslosigkeit, die dieses Erbe zu verharmlosen, zu spalten und zum Schweigen zu bringen droht. Wir versuchen alternative Zugänge für die Symbiose von Mensch und Maschine im Musikschaffen zu finden und zu erforschen, in der Hoffnung, dass sie andere dazu inspiriert, nach neuen Horizonten zu suchen und diese Suche fortzusetzen.“ (Text: Ohlmeier / Khroustaliov / Fischerlehner)

Ohlmeier, Khroustaliov und Fischerlehner arbeiten in unterschiedlichen Projekten seit etwa 10 Jahren zusammen. Die Zusammenarbeit in der Triokonstellation ist neu - die CD "Hypertide over Kiribati" markiert den Beginn dieser Triokooperation. Lothar Ohlmeier (Berlin) spielte bisher u.a. mit Ingrid Laubrock, Julie Sassoon und Harrie Spaarney. Rudi Fischerlehner (Berlin) trommelt dzt. viel Solo, aber auch in Bands wie Gorilla Mask und Xenofox (mit Olaf Rupp). Isambard Khroustaliov ist der Alias des Londoner Klangbastlers Sam Britton der - nach Studien am Ircam (Paris) und Steim (Amsterdam) - seither in einer Vielzahl unterschiedlichster Projekte - von der London Sinfonietta bis zu Aphex Twin - aktiv war.

CD: "Hypertide over Kiribati", Not Applicable 2019

JAZZATELIER ULRICHSBERG
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